Funktionsweise von Verwerfungen und der seismische Zyklus
Das Verständnis darüber, wie Verwerfungen funktionieren, das es uns letztlich ermöglicht, die seismische Gefährdung und das seismische Risiko einzuschätzen, beruht zum Teil auf der Bestimmung der Wiederholungszeit und der räumlichen Ausdehnung der seismischen Brüche und setzt somit gute Kenntnis des lokalen und regionalen Deformationsfeldes voraus. Die Modelle des seismischen Zyklus basieren derzeit auf sehr wenigen gut dokumentierten Fällen sowohl für Verwerfungen mit geringer Rutschungsrate als auch für die meisten größeren Verwerfungen, die sich zum Beispiel im Erdbeben von Japan vom 11. März 2001 (Mw 9.0) geäußert haben, dessen wahrscheinlich tausendjährige Wiederholungsrate nicht ausreicht, um die Konvergenz von 8-9 cm/Jahr entlang der Rinne zu kompensieren. Ein wichtiger Teil unserer Bemühungen besteht in dem Sammeln und der Analyse von interdisziplinären Daten, die den seismischen Zyklus dokumentieren.
Unsere Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit bekannten Verwerfungen mit Blattverschiebungen, Abschiebungen oder Aufschiebungen. Unsere Arbeit besteht darin, die Geschwindigkeit der Rutschung durch Geodäsie, die Wiederholungszeit und die Parameter der koseismischen Rutschungen durch Paläoseismologie und die räumliche Ausdehnung der ehemaligen Brüche durch Geomorphologie zu bestimmen. Um mögliche Variationen der Rutschungsgeschwindigkeit dieser Verwerfungen berücksichtigen zu können, muss die Geschwindigkeit über lange Zeiträume mit zeitlich möglichst engschrittigen Messungen mehrfach bestimmt werden. Unsere bevorzugten Untersuchungsstätten sind die größeren Verwerfungen an kontinentalen Plattengrenzen in den Mittelmeerregionen (nordanatolische Verwerfung, ostanatolische Verwerfung, Totes-Meer-Verwerfung und das aktive nordafrikanische Verwerfungssystem).
Der gegenüberstellende Vergleich der langfristigen und kurzfristigen Geschwindigkeiten schließt zudem die Untersuchung der verschiedenen im gesamten seismischen Zyklus stattfindenden physikalischen Mechanismen ein, insbesondere das Auftreten von Übergangsbewegungen, vor allem während der Zeit vor und nach einem Erdbeben. Daher ist die Entwicklung einer geeigneten Methode erforderlich, um diese Übergangsbewegungen mit geringer Amplitude berücksichtigen zu können.