Deformationen des Untergrunds und damit verbundene Gefährdungen

In diesem Forschungsschwerpunkt möchten wir die Prozesse der oberflächennahen Deformation untersuchen, um deren Faktoren und Kontrollmechanismen (Fluidzirkulation, seismische Spannung, thermo-hydro-geomechanische Parameter, Neotektonik) zu verstehen und die damit zusammenhängenden Gefährdungen und Risiken mit natürlicher und anthropogener Ursache quantifizieren zu können.

Quantifizierung der natürlichen und anthropogenen Deformationen

Im Rahmen dieses Forschungsthemas untersuchen wir die Arten, Funktionsweisen und Mechanismen von Deformationen, die geomorphologische Prozesse einschließen (Instabilität von Hängen, Brüche an Hängen von Vulkangebilden, Senkung im Zusammenhang mit dem Abbau von Rohstoffen — Wasser, Erz —, topographische Veränderungen im Zusammenhang mit Speicherungen — CO2 — oder mit der geothermischen Nutzung), wobei verschiedene Bilderfassungstechniken (terrestrisches und luftgestütztes LiDAR, Interferometrie und Persistant-Scatterer RADAR, optische und thermische Bildgebung mit sehr hoher Auflösung, Glasfaserdehnungsmessung) miteinander kombiniert werden. Wir nutzen Multisensor- und Mehrfachlösungsansätze, um dem Problem der zeitlichen und geometrischen Dekorrelation entgegenzuwirken und um integrative Techniken anwenden zu können, mit denen es möglich ist, sehr unterschiedliche Bewegungen (von wenigen Millimetern bis zu mehreren Metern pro Jahr) zu beobachten. Ferner möchten wir neue methodologische Vorgehensweisen für die Verarbeitung von 3D-Punktwolken in Verbindung mit optischen Bildgebungsverfahren für die weitergehende Verarbeitung von interferometrischen und polarimetrischen Daten und die Fusion mit optischen Daten entwickeln. Es werden Modelle zur Inversion der Deformationsdaten erarbeitet, insbesondere zur Beschreibung der Spannungsregime (Scherung, Kompression, Extension), der Eigenschaften der Quelle und der  Rheologie der Materialien.
Im Labor werden experimentelle Modellierungen der Mechanismen der gravitativen Deformation entwickelt (schiefe Ebene), indem mehrere Destabilisierungsmechanismen (Beschädigung und Kriechen, Lokalisierung der Deformation, Fluidisierung, präferenzielle Fließwege, Verdichtung und Dehnung) durch die Veränderung der verwendeten analogen Flüssigkeiten, das Erzeugen von geometrischen und mechanischen Diskontinuitäten, von Temperatur- und Wassergradienten sowie von Widerstand simuliert werden. Diese Experimente ermöglichen es gleichzeitig, die Leistungsfähigkeit der entwickelten bildgebenden Verfahren zu testen.

Analyse des Massetransports: Zusammenhang von Tektonik und Erosion auf Ebene der Reliefs

Dieser Forschungsschwerpunkt beschäftigt sich mit der Untersuchung der möglichen Verknüpfungen und Rückkopplungen auf verschiedenen Zeitebenen zwischen Tektonik, Vulkanismus, Klima und Sedimenttransportprozessen (Wassererosion, Gletschererosion, Bewegung von Masse) im Rahmen der Reliefbildung, insbesondere ausgehend von Feldbeobachtungen, von der Ermittlung der Herkunft der Sedimente (Geochemie, Petrologie, Mineralogie) und den physikalischen Eigenschaften der Formationen (Chronologie der Deformationen während einer tektonischen Episode). Ziel ist es, durch die Analyse von sedimentären Archiven, die Datierung (kosmogene Nuklide, OSL ...) von Aufschlüssen und die quantitative Beschreibung von Formen durch die Analyse von mit luftgestützten LiDAR-Systemen erfassten Daten zu einer genaueren Chronologie der Entstehung der aktuellen Reliefs zu gelangen. Diese Fragen werden im Rahmen von verschiedenen Feldprojekten behandelt, wie beispielsweise die Südalpen, die Vogesen (Strengbach Wassereinzugsgebiet), das Azoren Archipel, der Libanon und der westliche Teil von Syrien (Verwerfung am Toten Meer), die rumänischen Karpaten und die Untersuchungsstätten im Polargebiet.

Quantifizierung von gravitativen Gefährdungen

In diesem Themenbereich untersuchen wir Zeitreihen der für Deformationsobjekte gewonnen hydrologischen, geomechanischen und kinematischen Parameter. Dabei werden Methoden zum Erlernen von Zeitreihen (ANNs, SOC) verwendet, um die komplexen Interaktionen zwischen diesen Parametern quantitativ zu beschreiben. Diese Verfahren werden bereits erfolgreich im Rahmen von sehr gut dokumentierten Problemen im Bauingenieurwesen angewandt und sind vielversprechend für die Analyse von gravitativen Deformationen, die Identifizierung und die Erkennung von Vorzeichen sowie für die Entwicklung von Warnsystemen. Ferner wird ein Ansatz auf der Grundlage der Analyse von Ereigniskatalogen entwickelt (mit der Annahme, dass die künftigen Gefährdungen dieselbe räumliche Verteilung und dieselben Kontrollfaktoren haben wie die vergangenen Gefährdungen), um Modelle zur kurzfristigen (5-10 Jahre) und zur mittelfristigen (50-100 Jahre) probalistischen Vorhersage erarbeiten zu können.
Unser Ziel ist zudem die Entwicklung von hydromechanischen Modellen, die für reale Phänomene verwendet werden können. Denn bei den meisten Analysen stützt sich die Vorhersage auf das Grenzgleichgewicht und auf eine parametrische Untersuchung der kritischen Faktoren, was zur Berücksichtigung des mehrphasigen Charakters von bestimmten Phänomenen ungenügend ist. Unser Ansatz besteht in der Entwicklung eines hydromechanischen Modells unter Nutzung von grundlegenden elastoplastischen und viskoplastischen Gesetzen. Die Simulationen werden hierbei den Beobachtungen von charakteristischen Ereignissen gegenübergestellt.