Welche Rolle spielen Flüssigkeiten ?
Welche Rolle spielen Flüssigkeiten?
Komplexe Interaktionen zwischen dem Gestein und den Flüssigkeiten in den Poren sind verantwortlich für die in der Geophysik so wichtigen zeitabhängigen Deformationen. Denn auch wenn Erdbeben und Vulkanausbrüche die wohl spektakulärsten Ausdrucksformen von dynamischen Brüchen sind, die bei Erreichen des kritischen Spannungswerts in der Erdkruste auftreten, sind diese Ereignisse räumlich und zeitlich gesehen relativ selten. Der größte Teil der Erdkruste befindet sich die meiste Zeit in einem unterkritischen Zustand. In diesem Zusammenhang führt das Vorhandensein von Flüssigkeit zur langsamen Ausbreitung von Mikrorissen (durch Mechanismen wie der Korrosion unter Spannung), was die Ursache für an der Oberfläche gemessene Verschiebungen ist und für die Beschleunigung der seismischen Aktivität, die Erdbeben und Vulkanausbrüchen vorausgeht. Dank systematischer Arbeit, die zu diesem Thema geleistet wurde, konnte bereits der Einfluss des Porendrucks, des effektiven Drucks und der Temperatur auf die Deformationsrate in verschiedenen Gesteinen untersucht werden. Die Auswirkung dieses Phänomens in der Erdkruste konnte erörtert werden. Das Kriechen kann zum Beispiel bei Basalten erheblich sein und sich als ein wichtiger Mechanismus erweisen, der zu bestimmten Arten von Vulkanausbrüchen führt. Derzeit liegt unser Hauptaugenmerk auf der Formulierung von Kriechgesetzen für verschiedene Gesteinstypen, insbesondere für Kalksteine. Da die im Labor erreichbaren Deformationsraten begeschränkt sind, sind die Modelle, die wir derzeit erarbeiten, von den experimentell im Rahmen von Langzeitexperimenten im Unterwasserbereich erhobenen Daten abhängig (Zusammenarbeit mit dem University College London).
Wir haben vor kurzem nachgewiesen, dass die Interaktion zwischen der Gesteinsmatrix und dem Wasser im Porennetzwerk ein elektrisches Signal erzeugt, das bei porösen Medien, die zu 70% gesättigt sind, sehr viel stärker ist als bei vollständiger Sättigung. Da kein aktuell existierendes Modell diese Beobachtungen erklären kann, versuchen wir hierfür Modelle zu erarbeiten, sodass wir diese Wechselwirkungen besser verstehen können, insbesondere den Mikro-Makro-Übergang der elektrischen Doppelschicht. Unser Ziel ist es, ein Modell zu erhalten, mit dem Vorhersagen für die Interpretation von Feldbeobachtungen gemacht werden können. Zudem sollten neue Experimente zu Be- und Entwässerungszyklen es uns ermöglichen, bestimmte relevante Strömungsparameter, die anfällig für die Elektrofiltration sind und in der Theorie nicht berücksichtigt werden, besser zu verstehen. Diese Arbeiten werden in Zusammenarbeit mit dem Laboratoire d‘Hydrologie et de Géochimie Straßburg (Labor für Hydrologie und Geochemie - kurz LHyGeS) und dem Imperial College in London durchgeführt, wobei die EOST und das Imperial College die zwei führenden Forschungsgruppen in diesem Bereich sind.
Bei mehrphasigen Strömungen in porösen Medien konnten wir nachweisen, dass die Kraftwirkungen und das Bestehen von Unordnung im Grenzbereich des Kapillardrucks auf Ebene der Poren zu instabiler und kanalisierter Strömung führen können. Durch die Beschreibung der Skalengesetze im Zusammenhang mit den durch die Gegensätze von Viskosität und Dichte hervorgerufenen Bruchstrukturen kann ein Übergang zu den makroskopischen Gesetzen vorgeschlagen werden. Folglich kann man die Gesetze für den dynamischen Kapillardruck und die relative Permeabilität, die diese Struktur auf Ebene der Poren reflektieren, abschätzen und den Einfluss der Abflussgeschwindigkeit auf derartige Gesetze einschätzen. Wir beschäftigen uns fortan auch mit der detaillierten Untersuchung des Einflusses der Schwerkraft, des Snap-off-Effekts (Blasen- und Schaumbildung) und der Kontrolle der Strömungen durch Schwingimpulse und oszillierendem Druck in diesen Systemen. Im Rahmen des Problems der schnellen Injektion von CO2 beschäftigen wir uns zudem mit der Koexistenz eines Transports vonmischbaren und nicht mischbaren Flüssigkeiten. Diese Untersuchungen werden sowohl auf experimenteller Ebene als auch auf theoretischer Ebene in Zusammenarbeit mit dem LHyGeS (im Rahmen von REALISE), mit Norwegen (Projekt KLIMIT), China (analoge Modellierung in der Erdölgeologie) und Brasilien durchgeführt.
Ferner interessieren uns die Strömungsregimes der Flüssigkeiten, wobei sich das poröse Medium selbst über die elastische Grenzen hinaus verformt. Dabei kann es seine Festigkeit verlieren und die Spannung kann dann im Wesentlichen auf dem flüssigen Anteil verbleiben. Unser Team ist zusammen mit jenen in Oslo, Jerusalem, Texas A&M und Glasgow führend im Bereich der Modellierung von derartigen Phänomenen der Kopplung von körnigen Gesteinen und Fluiden. Wir beschäftigen uns nunmehr mit dem Einfluss von Fluiden auf gravitative Instabilitäten oder auf dynamische Instabilitäten während der Scherung von gesättigten Verwerfungen. Im Bereich der Oberfläche ermöglichen diese Modelle die Behandlung der mechanischen Phänomene, die bei der Verflüssigung, bei der seismisch beanspruchte Sedimente der Scherung nicht mehr standhalten können und flüssig werden, eine Rolle spielen. Zudem können dadurch Deformationen des Porenraums und die resultierende Bewegung von Flüssigkeitsansammlungen im Boden durch Injektion von Luft unter Druck, wie bei dem in der industriellen Reinigung von kontaminierten Böden genutzten Verfahren, erzeugt werden. Diese Strömungen von körnigen Medien und Flüssigkeiten werden ebenfalls im Labor untersucht. Zudem planen wir eine optische und mikroseismische Überwachung der Ausbreitung von Wellen im elastischen Substrat (ANR-Projekt Landquake).
Wir erhalten im Rahmen dieser Forschungsthemen wichtige regionale und staatliche finanzielle Unterstützung über das Netzwerk REALISE, das Labore im Bereich Hydrologie und Umwelt im Elsaß umfasst. Dieses Netzwerk hat vor, einen Antrag im Rahmen von EQUIPEX zu stellen, an dem wir uns beteiligen. Dieses Forschungsthema zu Wasser ist ebenfalls ein Transversalthema der UMR.