Die Rheologie und Petrologie der Lithosphäre

Die Rheologie und Petrologie der Lithosphäre

Wissenschaftliche Fragestellung

Die direkten Beobachtungen der Gesteine der Kruste, die häufig teilweise geschmolzen sind, sind derzeit noch unzureichend, um Modelle zum mechanischen Verhalten der Wurzeln von Gebirgszügen und den damit verbundenen Ophiolithen zu erarbeiten. Das Ziel unseres Teams ist die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Welche Rolle spielt die Infiltration von magmatischen Flüssigkeiten oder Fluiden bei der Gesteinsrheologie?
  2. Was sind die Voraussetzungen für das Kriechen der unteren Kruste und des darunterliegenden Erdmantels?
  3. Was sind die Mechanismen der Exhumierung der Kruste bei Orogenen?
  4. Welche Auswirkungen wird diese tiefgehende Strukturierung bei der Beanspruchung der Erdkruste im brüchigen Bereich haben ?

Das Verständnis dieser Prozesse ermöglicht die Entwicklung von konzeptuellen oder semiquantitativen Modellen zum rheologischen und mechanischen Verhalten von verschiedenen konvergenten Systemen und zu ihrem Verhalten bei ihrer Reaktivierung im brüchigen Bereich  infolge der Exhumierung.

Methoden und Untersuchungsorte

Die Untersuchung von Gesteinen umfasst strukturelle und mikrostrukturelle Beobachtungen (Lichtmikroskope und Rastermikroskope), chemische Analysen (Gesteine und Mineralien), quantitative Daten aus der mikrostrukturellen Analyse  (Elektronenrückstreubeugung, quantitative und statistische Analyse von Mikrostrukturen mit PolyLX, Anisotropie der magnetischen Suszeptibilität) und die thermodynamische Modellierung (PERPLEX, THERMOCALC, MELT). Sie ermöglicht zudem die Erarbeitung neuer Modelle, darunter jene zum Gesteinseinschluss in Orogenen durch Kriechen der unteren Kruste, zur Exhumierung von tiefliegenden Gesteinen durch Extrusion oder Kanalströmung sowie zum vertikalen Austausch von Stoffen und Wärme in orogenen Wurzeln durch die erzwungene gravitative Umverteilung und/oder die Faltung der Kruste. Im brüchigen Bereich der Kruste können Modelle zur Zirkulation von Fluiden und deren Rolle bei der Deformation der starren Überdeckung von Orogenen erarbeitet werden anhand der mechanischen Parameter der Frakturation, der petrophysikalischen Eigenschaften dieser Strukturen und der Matrix. Die neuen Konzepte zur Akkretion der Kruste werden ausgewertet anhand von Beispielen, die zwei reine Pole des kontinentalen Wachstums darstellen: der kontinentale Bau im zentralasiatischen orogenischen Gürtel und die kontinentale Kollision während der variszischen Orogenese in Europa. Die panafrikanische Orogenese wird genauer analysiert, um zu definieren, inwiefern sie die extensive spröde Deformation kontrolliert (Rotes Meer und Golf von Aden).